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Dunadd Fort: Wo Schottland seinen Anfang nahm

Dunadd ist mehr als nur ein Felsen in der Landschaft, es ist ein Ort mit Gewicht. Hier, mitten im weiten Moine Mhòr, schlägt das symbolische Herz eines frühen Königreichs, das später zur Keimzelle Schottlands werden sollte. Wer hier steht, steht genau dort, wo vor über tausend Jahren Macht verhandelt, Könige geweiht und Geschichte geschrieben wurde.
Der Hügel selbst ist unscheinbar – bis man ihn besteigt. Oben eröffnet sich nicht nur ein weiter Blick über die Ebene, sondern auch ein Gefühl für die Bedeutung dieses Ortes. Zwischen zerbrochenem Mauerwerk, geheimnisvollen Felsritzungen und dem berühmten Fußabdruck eines Königs wird klar: Dies war kein gewöhnlicher Ort. Dies war Zentrum, Zeremonienstätte, Symbol – und vielleicht genau der Punkt, an dem Schottland begonnen hat, Schottland zu werden.
Für Besucher bedeutet das: eine kurze Wanderung, ein stiller Moment und das Gefühl, für einen Augenblick an der Wiege einer Nation zu stehen. Kein Museum, kein Rekonstrukt – sondern das echte, raue Original.
Die Geschichte von Dunadd: Das Machtzentrum der frühen Schotten

Lange bevor Edinburgh zur Hauptstadt wurde und Stirling seine Festungen bekam, lag das Zentrum des frühen schottischen Königreichs auf einem unscheinbaren Fels im Westen Argylls: Dunadd. Dieser Ort war kein Zufall. Er thronte über dem Moine Mhòr, dem „Großen Moor“, und bot nicht nur strategische Kontrolle über das Umland, sondern auch eine symbolische Bühne für das, was dort geschah: die Gründung einer Nation.
Zwischen dem 6. und 9. Jahrhundert war Dunadd das politische und kulturelle Zentrum des Königreichs Dál Riata – eines Reiches, das sich über Westschottland und Teile Nordirlands erstreckte. Die hier herrschenden Gaelen wurden als „Scotti“ bekannt, ein Begriff, der später Namensgeber für ganz Schottland wurde. Die Könige dieser Zeit wurden nicht einfach gewählt oder gekrönt – sie wurden durch Rituale geweiht, die ihre Verbindung zum Land bekräftigen sollten. Der berühmte Fußabdruck, in den sie während der Inauguration traten, ist noch heute im Fels zu sehen – eine Geste der Verwurzelung und der Verpflichtung gegenüber Volk und Erde.
Der Felsen war weit mehr als eine befestigte Erhebung. Ausgrabungen förderten Hinweise auf Werkstätten zutage, in denen Gold, Silber, Kupfer und Eisen verarbeitet wurden. Über 900 Gussformen für Broschen wurden gefunden – ein Hinweis auf rege handwerkliche und kulturelle Aktivität. Diese Broschen waren Geschenke der Könige an ihre Gefolgsleute – Zeichen von Rang, Loyalität und Einfluss. Dunadd war damit nicht nur politisches Zentrum, sondern auch eines der bedeutendsten Kunsthandwerkszentren der damaligen Zeit, vergleichbar mit jenen, die an der Entstehung des Book of Kells beteiligt waren.
Doch Dunadd war nie ganz alleinstehend. Die Verbindung zum spirituellen Zentrum Iona war eng – dort, etwa 60 km entfernt, wurde 563 n. Chr. das berühmte Kloster von St. Columba gegründet. Und dort wurde vermutlich auch der erste christliche König Schottlands geweiht: Aidan, gesalbt von Columba selbst.
Dunadd hielt sich lange, wurde aber 736 n. Chr. vom piktischen König Aengus erobert. Ob es danach je wieder seine Unabhängigkeit gewann, ist unklar. Sicher ist nur: Die Bedeutung des Ortes blieb lebendig. Noch im 16. Jahrhundert wurden hier königliche Verkündigungen verlesen.
Heute erzählen dir Reste von Mauern, mystische Inschriften in Ogham-Schrift, ein Felsbecken, ein Wildschwein in Stein gemeißelt – und nicht zuletzt der Fußabdruck – von dieser außergewöhnlichen Vergangenheit. Dunadd ist kein rekonstruiertes Freilichtmuseum, sondern ein Originalschauplatz. Jeder Tritt auf diesem Hügel ist ein Schritt in eine Zeit, in der das moderne Schottland gerade erst begann, Form anzunehmen.
Zeichen im Stein: Die Relikte von Dunadd

Wer den Gipfel von Dunadd erreicht, steht nicht einfach vor ein paar alten Mauerresten. Man begegnet hier einer Sammlung von Spuren, die so direkt, so körperlich sind, dass sie sich anfühlen wie ein Handschlag über Jahrhunderte hinweg. Diese Relikte sind keine beiläufigen Funde – sie waren Symbole, Statements, Machtzeichen.
Das auffälligste und wohl bekannteste ist der Fußabdruck im Fels. Ein einzelner, etwa schuhgröße-sechs-großer Abdruck, in den die Könige von Dál Riata ihren Fuß setzten, wenn sie ihr Amt antraten. Kein Thron, keine Krone – ein Fuß in Stein. Dieses Ritual verband den Herrscher symbolisch mit dem Land, mit dem Volk und mit einer Verantwortung, die über bloße Macht hinausging. Der originale Abdruck ist heute durch eine Replik geschützt – gescannt und konserviert für die Zukunft – aber seine Bedeutung bleibt spürbar.
Wenige Schritte entfernt findest du weitere Rätsel: In den Fels eingelassen ist ein Wildschwein, kunstvoll gemeißelt in piktischem Stil. Was es genau bedeutete, weiß niemand sicher. Vielleicht ein Zeichen königlicher Stärke. Vielleicht ein Wächter. Vielleicht auch ein Gruß an die jenseitige Welt – denn in der Symbolsprache früher Kulturen trugen Tiere oft viel mehr als nur ihren Namen.
Dazwischen zieht sich eine Inschrift in Ogham-Schrift über den Stein. Diese frühe keltische Schriftform, von rechts unten nach oben zu lesen, wirkt auf den ersten Blick wie Kratzer – aber wer weiß, vielleicht war das eine Art Stimme des Ortes. Eine Theorie besagt, dass die Inschrift die Worte eines Krönungsrituals festhält. Andere deuten sie als „Menschen des Moors“ – ein Verweis auf die enge Verbindung zum Moine Mhòr, das sich unten im Tal ausbreitet.
Und dann ist da noch das Felsbecken neben dem Fußabdruck, möglicherweise genutzt für rituelles Wasser. Oder Blut. Oder ganz etwas anderes. Vielleicht auch beides. Niemand weiß es sicher – und das ist vielleicht das Schönste daran.
Erfahrungsbericht
Wir haben einen Abstecher zum Dunadd Fort gemacht, als wir auf dem Weg entlang der Küste nach Norden waren. Wir haben grob gelesen, was dieser Ort ist und welche große Bedeutung er eigentlich für ganz Schottland hat, und da er relativ nah an unserer Route gelegen war, mussten wir einfach vorbeigehen.
Auch wenn es sich auf den ersten Blick nur um einen Hügel in der Landschaft handelt, steckt so viel Geschichte und Bedeutung dahinter. Sich bewusst zu machen, dass hier im Grunde Schottland entstanden ist, macht das ganze Erlebnis zu etwas wirklich Besonderem.
Wir fanden es sehr spannend, diesen Ort so zu erkunden, dass wir eben die vielen Informationen der sehr gut gemachten Infotafel auf uns wirken ließen und das ist es auch, was wir jedem empfehlen können, der Dunadd Fort zu besuchen.
Dieser Ort ist sowohl für Geschichtsinteressierte ein Highlight als auch für allgemeine Touristen eine gute Idee für einen kurzen Ausflug, der Bedeutung hat und gleichzeitig nicht viel Zeit kostet.
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